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Das schwere Los der Abschiebung
Der Pakistani Nazim Hussein wurde am Dienstag zur Abschiebung nach Buren gebracht. Der Klever Verein Haus Mifgash kämpft für seinen Verbleib.
Für Nazim Hussein war Dienstag ein fürchterlicher Tag. Seit drei Jahren lebt der Pakistani in Kleve, er hatte hier Asyl beantragt, sich vorbildlich integriert und wird nun vermutlich doch nach Pakistan zurückgebracht. Am Dienstag bestätigte in Kleve ein Haftrichter die Abschiebung des 36-Jährigen. Er wurde noch am gleichen Tag in ein Abschiebegefängnis nach Büren bei Paderborn gebracht. Aufgrund einer Erkrankung wird er dort psychisch behandelt. Für den 25. Januar 2017 ist sein Flieger nach Pakistan bestimmt.
Nur noch geduldet
Die Mitglieder des Klever Vereins Haus Mifgash können diese Entscheidung nicht fassen. Sie kennen Nazim Hussein sehr gut, haben einen engen Kontakt zu ihm aufgebaut, ihn begleitet und im Verein aufgenommen. Nazim Hussein war 2005 aus Pakistan geflüchtet, weil er und seine Familie von der Terrorgruppe SSP verfolgt worden sind. Er kam zunächst nach Griechenland, wo er acht Jahre lang blieb. Sein Asylantrag wurde damals abgelehnt. Nachdem er Morddrohungen von griechischen Nationalisten erhalten habe, sei er nach Deutschland geflüchtet, so der Verein Haus Mifgash in einem Schreiben. Seit November 2013 ist er in Kleve.
Sein Asylantrag wurde im November 2014 durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zurückgewiesen. Seitdem wird er in Deutschland nur noch geduldet. Bis zur Klärung seiner Personalien arbeitete Nazim Hussein 20 Wochenstunden bei einem Gartenbaubetrieb in Kleve, der ihn auch gerne weiter beschäftigen würde.
In Panik sich ein Messer in den Bauch gerammt
Im September 2016 sollte Hussein dann abgeschoben werden. Darum stach er sich in Panik mit einem Messer in den Bauch. Er kam ins Emmericher Krankenhaus und anschließend in die Psychiatrie nach Bedburg-Hau. Am 9. November wurde er aus der Klinik entlassen. Die behandelnden Ärzte teilten mit, dass Nazim Hussein reiseunfähig sei und dass er psychisch noch sehr labil sei, Angstzustände habe, Albträume und dass auch eine Suizidgefahr bestehe.
Am Dienstagvormittag hatte der Pakistani einen Termin bei der Ausländerbehörde des Kreises Kleve, um dort seinen Duldungstitel zu verlängern. Nach Informationen der NRZ wurde er dann dort festgehalten und später sofort dem Haftrichter vorgeführt.
„Er praktiziert Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft“
Der Verein Haus Mifgash setzt sich jetzt für den Verbleib des 36-Jährigen ein. Die Vorsitzenden Ron Manheim und Thomas Ruffmann haben am 5. November einen Härtefallantrag an die Härtefallkommission des Landes NRW gestellt. Sie bitten darum, dass die Kommission sich für den Aufenthalt von Nazim Hussein einsetzt – aus dringenden persönlichen und humanitären Gründen sowie seiner vorbildlichen Integration.
Nazim Hussein sei sehr lernbegierig: „Sein Deutsch ist inzwischen so gut, dass man mit ihm über alle Themen – buchstäblich auch über Gott und die Welt – verständigen kann“, schreiben Manheim und Ruffmann. Sie betonen seine Toleranz gegenüber Andersgläubigen und Atheisten und sein Engagement im Verein Haus Mifgash. Er praktiziere Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft.
„Wir bitten darum, ihm hier eine Chance zu geben“
Der Verein Haus Mifgash sieht triftige Gründe für eine Härtefallregelung. Man wisse, dass er ungeheuere Angst habe, nach Pakistan zurückkehren zu müssen. Denn hier sei die Bedrohung durch Terroristen eine reale Gefahr: „Bei einer humanitären Entscheidung sollte das gesamte Lebensschicksal von Nazim Hussein berücksichtigt werden“, so Manheim und Ruffmann. „Wir bitten darum, dass er die Chance auf ein menschenwürdiges Leben in unserem Land bekommen kann“.
Die Ausländerbehörde des Kreises Kleve ist an Recht und Gesetz gebunden. Mit der ablehnenden Entscheidung des BAMF muss die Behörde auch die Abschiebung vornehmen. Wie die Verwaltung der NRZ schriftlich auf eine nicht fallbezogene Anfrage mitteilt, begründet ein ärztliches Attest noch keine Zweifel an der Annahme des Gesetzgebers, dass grundsätzlich eine Reise- und Flugfähigkeit vorliegt. Die Ausländerbehörde des Kreises beauftragt in solchen Fällen eine ärztliche Begleitung. In der für Abschiebungen vorgesehenen Unterbringung in Büren ist auch eine ärztliche Versorgung vorgesehen. Dort werde die mögliche Flug- und Reisefähigkeit geprüft.
Auf die Frage, inwiefern eine Entscheidung der Härtefallkommission berücksichtigt werden muss, schreibt der Kreis: „Spricht sie eine Empfehlung zugunsten des Ausländers aus, liegt die Entscheidung im Ermessen der Ausländerbehörde. Wenn keine Gründe entgegenstehen, folgt die Ausländerbehörde der Empfehlung der Härtefallkommission.“