Das Bauvorhaben Haus der Begegnung
Stand März 2020 – PDF zum Download

Das Bauvorhaben Haus der Begegnung – Was wir wollen

Arbeitspapier Stand März 2020

zur Vorlage in den Ratsfraktionen und beim Planungsamt FB 61

„Unsere Kultur ist gewachsen wie ein kräftiger und vielgestalteter Mischwald. Er leistet seinen Beitrag zur lebensnotwendigen Frischluft.“ Richard von Weizäcker (ehem. Bundespräsident)

Am Ort der 1938 zerstörten Synagoge, der benachbarten Jüdischen Schule und des Aussichtsrestaurants Zur Schwanenburg soll  ein Haus der Begegnung – Haus Mifgash entstehen. Die Grundsteinlegung ist für das Jahr 2021 vorgesehen – im 200. Jahr nach der Einweihung der Klever Synagoge. Das Haus ist nicht geplant als Vereinslokal für den Verein „Haus der Begegnung – BethHaMifgash“ .  Wir möchten vielmehr, dass mitten im historischen Zentrum unserer Stadt, an einem der schönsten Plätze des Niederrheins, ein Haus – konkret: ein Häuserensemble – mit Anziehungskraft und Ausstrahlung für alle Menschen in der Stadt und der gesamten Region entsteht. Wie alle Städte und heute mehr denn je braucht Kleve ein Zentrum mit Herzenswärme, an dem Menschen aus allen Kulturen und Religionen, aus allen Stadtvierteln und sozialen Schichten, Alte und Junge, Frauen und Männer zu allen Zeiten willkommen sind. Hier erleben sie, welcher Zauber auch im digitalen Zeitalter von mit-menschlichen Begegnungen ausgeht und wie die Einzelnen durch Gastfreundschaft aus Isolation und sozialer Abschottung heraus- und Interesse am Anderen finden. Toleranz und Respekt müssen hier nicht beschworen werden, sie sind konkret im Alltag erlebbar.

Das Haus der Begegnung erreicht diese Ziele

·       dadurch dass es von einer breiten Gruppe der städtischen Bürgerinnen und Bürger ideell und formell getragen wird. Viele aktive und passive Unterstützerinnen und Unterstützer gibt es jetzt schon, noch viele mehr können und müssen gewonnen werden.  In Zukunft wird eine formelle Trägerschaft der Häuser notwendig sein. Verschiedene  Formen der Trägerschaft sind denkbar, z.B. eine klassische Stiftung, eine Bürgerstiftung, eine Genossenschaft oder …

·       dadurch dass die Kommune mit der demokratisch legitimierten Vertretung aller Bürgerinnen und Bürger sich in hervorragender Weise am Bau und Betrieb des Zentrums beteiligt, zum Beispiel in dem sie die Grundstücke in die Stiftung einbringt, einen wichtigen Sitz in den neuen Trägergremien erhält und einen garantierten, jedoch auch begrenzten Beitrag zur Finanzierung von Bau und Betrieb leistet;

·       durch eine architektonische Form von hoher und dauerhafter Qualität, die die Bedeutung des Platzes mit seiner historischen Bebauung ins Bewusstsein hebt, von der eine symbolische Anziehungskraft ausgeht und die durch eine Leichtbauweise auf schwierigem Untergrund alle Funktionen der Häuser möglich macht. Die Leichtbauweise hat einen weiteren Vorteil: Wir bauen auf Dauer, aber nicht für die Ewigkeit. Bei veränderten Nutzungsbedingungen kann das Haus leicht ab- und an anderer Stelle wieder aufgebaut oder aber verändert werden;

·       durch die Kombination unterschiedlicher Angebote, die immer in Begegnung und Gastfreundschaft münden:

·      Das Haus Mifgash ist das städtische Zentrum der Erinnerung an die jüdische Geschichte Kleves und die Morde und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der NS-Diktatur, dies in konzeptionell mit bedachter Nachbarschaft zum neuen Klever Stadtmuseum im Schwanenturm.

·      Das Haus Mifgash ist das städtische Zentrum der Begegnung von Menschen aus verschiedenen Religionen, Weltanschauungen und Kulturen.

·      Das Haus Mifgash ist das städtische Zentrum zur Aufklärung und Beratung für Toleranz und Demokratie und gegen alle Formen von Rassismus und Diskriminierung.

·      Das Haus Mifgash ist ein Ort, in dem Menschen auf die älteste und ursprünglichste Weise mit einander in Kontakt kommen, die wir in allen Kulturen der Welt kennen: durch gemeinsames Essen, Trinken, Musikmachen, Tanzen, Reden und Feiern. Das Haus Mifgash ist ein Gastfreundschaftshaus.

Der Verein „Haus der Begegnung – Beth HaMifgash“ sieht sich als Ideengeber, Motor und zuverlässiger Begleiter beim Bau und Betrieb des Hauses Mifgash. Er ist bereits seit 2013 aktiv mit der Ausarbeitung des Konzepts und der Baupläne beschäftigt. Hier hat es bisher schon drei Phasen mit Ergebnissen zur Architektur gegeben, die allesamt in die aktuellen Planungen einfließen. Auch ein erster Businessplan  für den Betrieb wurde erstellt. Der Verein hat seit 2013 vielfältige Aktivitäten organisiert zu den Themenfeldern Erinnerung, Integration und Begegnung. Mit den 5 Mifgash Festivals, mit über 20 zeitweiligen oder aber dauerhaften AGs und Projekten, Lesungen, Diskussionen, Konzerten, Workshops, Aktionen wurden ingesamt über 20.000 Menschen erreicht. Der Verein sieht den im Jahr 2019 verliehenen Heimatpreis der Stadt Kleve als Auftrag an, den Charakter unserer Stadt als Heimat für alle Menschen zu stärken. Heimat finden wir dort, wo wir uns anderen Menschen besonders verbunden fühlen. Das Haus Mifgash im Zentrum der Stadt wird, recht verstanden, also kein Heimatmuseum, sondern nicht mehr und nicht weniger als ein Heimat-Zukunftsort.

Wir sind davon überzeugt, dass unser Projekt die Innenstadt bereichern und ergänzen wird, es respektiert die Geschichte unserer Stadt und macht sie wieder erlebbar. Schließlich wird die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum an einer historischen Stelle gefördert.

Aktuelle Information zum Verein Haus der Begegnung – Beth HaMifgash e.V. Stand März 2020

Mitglieder: Zahl : 235  – Zusammensetzung: Menschen mit deutschen Wurzeln sowie mit niederländischem, arabischem, kurdischem oder türkischem Migrationshintergrund; sie vertreten unterschiedliche religiöse, weltanschauliche und politische Anschauungen; neben Christen verschiedener Konfessionen gibt es im Verein u.a. säkulare Humanisten, Juden, Moslems und Buddhisten.  – Ehrenmitglieder: Wolfgang Krebs, Eva Weyl, Ron Manheim

Vorstand: Kommissarischer Vorsitz: Thomas Ruffmann, Geschäftsführung: Kaliana Rahel Asare, Schatzmeister: Thomas Schmidt Beisitzende: Hamid Benbouazza, Carina Majkowski, Michael Meuten, Hans Vlaskamp,  Henk van der Zand

Beirat: Vorsitzender: Werner van Ackeren Weitere Mitglieder: Prof. Dr. Hasan Alkas, Désirée Menne, Elisabeth Schell, Joachim Schmidt, Helga Ullrich-Scheyda, Edmund Verbeet, Prof.Dr Jean-Pierre Wils

TaskForce Bauvorhaben:  Werner van Ackeren, Prof. Dr. Hasan Alkas , Friedhelm Hülsmann, Ron Manheim, Claus Peters, Edmund Verbeet, Hans Vlaskamp

Was ist konkret geplant?

Es ist geplant, drei Gebäude  in sogenannter Leichtbauweise auf historischem Standort an der Reitbahn zu erstellen:

  • den Ausstellungs- und Veranstaltungsort „Erinnern und Erleben“ ,
  • das Café und Gasthaus „Schauen und Genießen“ sowie
  • die Geschichts- und Kulturwerkstatt „Lernen und Diskutieren“

Aufgrund der schwierigen Bodenverhältnisse (Gutachten Dez. 2018 Ing.-Büro GFP) werden diese sogenannten Leichtbauweisen-Pavillons auf einer Bodenplatte aus Beton gegründet, die nicht in die Bodenstruktur eingreift. Als Betonfertigteil werden die Fundamente angeliefert und am jeweiligen Standort aufgelegt. Von einer Unterkellerung, wie in früheren Konzeptideen, wird komplett abgesehen.

Die jetzige Dimensionierung dieser Plattenfundamente wird ausschließlich von Windlasten, Eigenlasten und Verkehrslasten aus den Bauwerken Schauen und Genießen sowie Lernen und Diskutieren erfolgen.

Die Aufbauten werden in Holzelementbauweise gefertigt und ebenfalls komplett vorgefertigt angeliefert. Vor Ort kann in kürzester Zeit das jeweilige Gebäude auf die dafür vorgesehene Bodenplatte montiert werden. Vorteile der Holzbauteile sind:

·      Holz ist tragfähig, nachwachsend und einfach zu bearbeiten, hat ein geringes Eigengewicht, und somit besonders geeignet bei geringen Lastannahmen.

·      Ästhetik, Energieeffizienz , geringe Unterhaltskosten, und somit Nachhaltigkeit

·      Vorfertigung verkürzt die Bauzeit vor Ort auf wenige Tage, und senkt die Kosten.

·      Sämtliche technische Installationen, sowie Öffnungsanteile/Fenster sind vormontiert.

·      Für das Gebäude Erinnern und Erleben ist eine Überbauung geplant, die auf dem Grundriss der ehemaligen Synagoge errichtet wird. Das jetzige Denkmal bleibt unberührt. Ergänzt wird das jetzige Denkmal durch eine Überdachung und durch senkrecht verschiebbare Wandelemente, die zu Veranstaltungs- und Ausstellungszwecken verschiedenartig einsetzbar sind. Neben der Ästhetik steht die problemlose Handhabung im Vordergrund. Ausstellungen und Veranstaltungen können selbst durch eine Person vor Ort organisiert werden.

Zum Entwurfskonzept

Ziel des Entwurfskonzeptes ist eine hohe Funktionalität, auch im Sinne von Herstellung und Gebrauch. Die stringente und unaufgeregte Entwurfsaussage möchte in ihrer skulpturalen Erscheinungsform auf einen modernen Ort der Begegnung hinweisen.

Die konstruktiv geschlossenen und herausfahrenden Nutzungskonzepte (siehe Visualisierung) der skulpturalen Leichtbauwerke, lassen eine ganzjährige Nutzung zu. Beheizbar sind im Winter das Gebäude Schauen und Genießen und das Gebäude Lernen und Diskutieren.

Auszug aus der Visualisierung des zukünftigen Konzeptbeispiels an der Reitbahn

Zum Städtebau

Städte bestehen auch aus zentralen Plätzen. Als solche sind sie unverzichtbares Raumelement des Städtebaus. Die städtebauliche Platzsituation an der Reitbahn ist eine der außergewöhnlichsten am Niederrhein. Durch das Projekt Haus derBegegnung – Haus Mifgash besteht die Möglichkeit, diesen außergewöhnlichen Platz wieder in unser Bewusstsein zu holen.

Ein wichtiges Merkmal ist die Wegeführung auf ein herausragendes Gebäude unserer Stadt. Die Schwanenburg ist als Landmarke unserer Stadt Kleve weit sichtbar. Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die Topographie (Höhenlage) der Reitbahn. Durch die Anordnung und Organisation der einzelnen Häuser der Begegnung wird ein spektakulärer Blick in die Landschaft ermöglicht. Sichtachsen und Perspektiven, die heute nicht erlebbar sind, werden wieder aktiviert. Ein Aussichtsplatz (Belvedere) entsteht. Durch die Nutzung der ergänzenden Häuser der Begegnung erfährt der Platz an der Reitbahn eine Renaissance im städtebaulichen Kontext. Die Identität unserer internationalen Stadt erfährt durch den wieder hergestellten Ort eine Entsprechung – indem hier ein lebendiger Ort der Begegnung wieder entsteht.

Zum Betrieb

Der Verein Haus der Begegnung – BethHaMifgash ist Betreiber der baulichen Anlagen Schauen und Genießen sowie Lernen und Diskutieren und Erinnern und Erleben. Der Betrieb geschieht in einem breiten Kooperationsverbund mit Vereinen, Organisationen und Initiativen, die die Ziele unterstützen. Viele der bisherigen Integrationsangebote des Vereins sowie neu zu entwickelnde Projekte in Zusammenarbeit mit einer breiten Schicht von Akteuren aus der Zivilgesellschaft  können hier umgesetzt und praktiziert werden. Ziel ist es, Menschen zum Dialog zusammenzuführen und einen besonderen, nachhaltigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Stadt zu leisten. Der Haus der Begegnung verspricht durch die langfristige Bündelung von Kräften das Schaffen kreativer Möglichkeiten an einem zentralen, immer schon weltoffenen Ort im Kern des historischen Zentrums der Stadt.

Zur Finanzierung

Eine erste Kostenschätzung für das Ensemble der drei Häuser liegt vor. Der Verein Haus der Begegnung –  BethHaMifgash wird zur Finanzierung der Bauprojekte eine Kombination verschiedener Wege beschreiten. Auch in der Finanzierung wird sich der Grundgedanke der Trägerschaft durch die Bürgergesellschaft widerspiegeln. Diesem Prinzip soll auch bei  der Festlegung auf eine Rechtsform ( siehe oben) Rechnung getragen werden. Unter anderem soll eine groß angelegte Patenschaftsaktion erhebliche finanzielle Mittel erbringen. Substantielle Beiträge  verschiedener Stiftungen sind abrufbar.

Für den laufenden Betrieb ist eine Mischung aus hauptberuflichem Management und ehrenamtlichen Kräften geplant. Finanziell ist die vorgesehene Mischung aus Eigenmitteln, Erträgen und Erlösen sowie (zumeist projektbezogenen) Fördergeldern tragfähig.

Zur Chronologie

·      ca. 2009

Entstehung der Idee für ein Haus der Begegnung an der Reitbahn. Erste Gespräche mit dem Bürgermeister der Stadt Kleve. Gespräche mit der Hauptstelle von UNILEVER führen zu keinem konkreten Ergebnis.

·      2010

Bildung einer Brainstorming-Gruppe, an der u.a. der Architekt Werner van Ackeren, der Stadtarchivar Bert Thissen und der VHS-Fachbereichsleiter Thomas Ruffmann teilnehmen.

·      2011

Es konstituiert sich ein Arbeitskreis, an der sich auch die Verwaltung der Stadt Kleve in der Person des Technischen Beigeordneten Jürgen Rauer und leitende Mitarbeiter der katholischen und der evangelischen Kirche beteiligen. Auch eine Lehrerin und ein Lehrer des Stein-Gymnasiums kommen dazu.

Es werden eine Profilskizze und eine Beschreibung der künftigen Tätigkeitsfelder formuliert.

·      2012

Studentinnen und Studenten der Fachhochschule Köln, Fakultät für Architektur, erarbeiten Entwürfe für die Gestaltung der geplanten 3 Bauteile auf den Grundstücken an der Reitbahn.

·      2013

Mitte des Jahres werden die Ergebnisse in der Form von Modellen, Pläne und Fotos in der Stadthalle präsentiert. Der Bürgermeister der Stadt Kleve eröffnet die Veranstaltung mit einer programmatischen Rede.

Ende des Jahres wird der Verein Haus der Begegnung – Beth HaMifgash e.V. gegründet. Der Verein zählt bei seinem Start 72 Mitglieder.

·      2014

Ab diesem Jahr entwickelt der Verein eine Vielzahl von unterschiedlichsten Aktivitäten, getragen vom Vorstand und einer Reihe von Arbeitsgruppen. Beginn der Integrationsangebote für Geflüchtete. Schnelle Zunahme sowohl der Aktivitäten als auch der Mitgliederzahl. Bis zum Jahr 2020 werden mit Kursen, Arbeitsgruppen, Workshops, Konzerten, Lesungen, Diskussionen, beim Großen Küchentisch und mit den Sessions des Freundschaftsorchesters KLEFOR, in zahlreichen Kooperationsveranstaltungen mit Kirchen, VHS, HSRW und anderen sowie mit den fünf Mifgash Festivals insgesamt über 20.000 BesucherInnen erreicht.

·      2018

Es werden Bodenuntersuchungen („Baugrundvorerkundung“) durchgeführt, im Auftrag der Stadt, unter finanzieller Beteiligung des Vereins.

·      2019

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass eine Massivbauweise nur mit extremem Kostenaufwand möglich wäre.

Auf der Jahresmitgliederversammlung und später beim Mifgash Festival werden Pläne/Entwürfe für eine Bebauung der Grundstücke in Leichtbauweise vorgestellt.