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Mifgash Rundbrief 3. Februar 2017

Liebe Mitglieder,
und hier wieder eine herzliche Einladung zum letzten Abend im Forum Internationale Politik in dieser ersten Serie. Eine zweite folgt im Mai. Lesen Sie unten bitte weiter.

Und eine kurze Mitteilung, dass wir aufgrund der Förderung mit KOMM-AN-Mitteln der Landesregierung zwei dringend notwenige Flyer produzieren konnten. Beide für die Zielgruppe „Geflüchtete“ – einer mit allen Anlaufstellen und Angeboten zum Deutschlernen (eben nicht nur bei Haus Mifgash); dieser Flyer ist schon fertig gedruckt. Ein zweiter zum Thema „Sie suchen Kontakte in KLeve?“ – Angebote zum Kennenlernen im Rahmen von Haus Mifgash. In Kürze wird auch eine neue Unterabteilung auf unserer Internetseite mifgash.de freigeschaltet, in der alle Angebote von Haus Mifgash für Flüchtlinge in einer für diese gut lesbaren Form dargestellt sind.

Und dann wollen wir Sie informieren über das weitere Schicksal unseres Mitglieds Nazim Hussain: Er wurde am 15.12., einen Tag vor der geplanten Sitzung der Härtefallkommission zu seinem Fall, nach Pakistan abgeschoben, mit dem Bus aus der Abschiebehaftanstalt in Büren abgeholt. Weder er noch wir bekamen den Flugplan mitgeteilt. Fast drei Tage waren wir im Ungewissen, wo er ist. Dann kam über Facebook die Nachricht „I am fine, i am in jail.“ Nach Ankunft am Flughafen in Pakistan war er dort in Haft gekommen, wegen illegaler Ausreise vor 12 Jahren. Er musste trotz Krankheit und Fieber im Gefängnis hart arbeiten. Am Dienstag gab es dann ein Gerichtsverfahren und gegen eine Buße von umgerechnet 550 EUR kam er frei und meldete sich dann nachts sehr erschöpft und schockiert aus dem Haus seiner Familie.

Wir hatten kurzfristig noch 4 Tage vor dem Abschiebungstermin den Petitionsausschuss im Landtag angerufen – mit dem einzigen Ziel, dafür zu sorgen, dass die Entscheidung der Härtefallkommission vor einer Abschiebung abgewartet werden solle. Der Abgeordnete Goldmann und sein Mitarbeiter Fabian WInkler haben sich trotz der Kurzfristigkeit mit großem Engagement eingesetzt. Spürbaren Erfolg hatte es leider nicht. Bis heute haben Härtefallkommission und Petitionsausschuss uns kein Ergebnis mitgeteilt.

Nach der ersten Freude über das Wiedersehen mit der Familie ist Nazim ziemlich verzweifelt, denn die Lage in seinem Dorf und in Pakistan ist eher noch schlimmer als er befürchtet hatte. Am meisten entsetzt ist er nicht über die blanke Armut, die dort herrscht, sondern über die Art und Weise, wie sich der Charakter der Menschen und der Gesellschaft geändert hat. Kurz gesagt, es gibt viel Agrression in unterschiedlicher Auspräung und wenig Freundlichkeit und Offenheit, wie er sie in Griechenland und Deutschland kennen gelernt hatte. Mehr wird er sicher demnächst selbst schreiben, wenn wir ihn um einen Bericht für unseren Rundbrief bitten. Er bittet uns bei jedem Telefonat, herzliche Grüße an alle auszurichten, die ihn kennen – das möchte ich hiermit auch allzugerne tun.

Nach wie vor ist es unfassbar, dass bei jemandem wie Nazim Abschiebehaft und Abschiebung in gnadenloser Härte und unter Missachtung der vom Gesetzgeber bewusst eingerichteten Härtefallregelungen vorgenommen wurden, während bei dem Attentäter von Berlin angeblich die juristischen Gründe für eine Abschiebehaaft nicht ausgereicht haben sollen.

Aus Anlass unseres EInsatzes für Nazims Aufenthalt in Deutschland – aber keineswegs beschränkt auf seinen Fall – haben wir sehr schnell einen Nothilfefonds für FLüchtlinge eingerichtet. Darauf wurden inzwischen über 1000 EUR eingezahlt, z.T. mit ausdrücklichem Verwendungszweck für Nazim. Allen Spenderinnen und Spendern danken wir sehr herzlich. Und dennoch: die Summe reicht bei weitem noch nicht für die wichtigsten Notfälle, die jetzt schon an uns herangetragen werden. Wir werden im Rundbrief regelmäßig weitere Fälle schildern (müssen), verbunden mit der Bitte um weitere Spenden oder um das Werben darum im Familien- und Bekanntenkreis.

Mit herzlichen Grüßen, wie immer im Auftrag und Namen des gesamten Vorstands
Thomas Ruffmann